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Top 10 barrierefreie Städte in Europa: Gewinner des Access City Awards

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Barrierefreiheit in Städten ist mehr als nur eine Frage der Mobilität. Sie ist ein entscheidender Faktor für die Lebensqualität, Selbstständigkeit und damit auch die Zufriedenheit von Menschen mit Behinderungen. Eine zugängliche Stadt ermöglicht allen Bürger*innen und Tourist*innen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen, Dienstleistungen und Freizeitmöglichkeiten. Das fördert Teilhabe und eine inklusive Gesellschaft, in der jede und jeder die gleichen Chancen hat, aktiv am städtischen Leben teilzunehmen. Diesem Thema hat sich auch die EU angenommen: Mit dem Access City Award zeichnet die Europäische Kommission seit 2010 jedes Jahr Städte aus, die sich besonders für Barrierefreiheit einsetzen.

Über den Access City Award

Rund 87 Millionen Menschen in der EU haben eine anerkannte Behinderung. Für sie ist Barrierefreiheit sehr wichtig, um Teilhabe zu erfahren. Da Europa immer mehr zu einer städtischen Gesellschaft wird, konzentriert sich die Auszeichnung mit dem Access City Award auf den urbanen Raum. Der Award richtet sich an alle EU-Städte mit mehr als 50.000 Einwohner*innen. Sämtliche Städte, die sich in einem Mitgliedstaat bewerben, werden zunächst auf nationaler Ebene von einer Jury bewertet. Diese trifft dann eine Vorauswahl aus höchstens drei Städten. Anschließend wählt eine Jury auf europäischer Ebene die Gewinnerstädte aus allen Kandidaten aus. Ausschlaggebend für den Sieg sind bereits getroffene sowie geplante Maßnahmen in folgenden Bereichen:

 

  • bauliche Umgebung und öffentliche Räume
  • Verkehr und Infrastruktur
  • Information und Kommunikation
  • öffentliche Einrichtungen und Dienste

 

Mit dem Preis lässt die EU dem Thema Barrierefreiheit eine hohe Gewichtung zukommen und erkennt die Bemühungen der Städte an, zugänglicher zu werden. Dadurch wird der gleichberechtigte Zugang von Menschen mit Behinderung zum städtischen Leben unterstützt. Barrierefreiheit wird somit von offizieller Seite als integraler Bestandteil der Stadtentwicklung gefördert. Damit kann der Access City Award EU- und weltweit andere Städte dazu inspirieren, barrierefreier zu werden. Die Preisverleihung findet jedes Jahr im Rahmen des Europäischen Tages der Behindertenkonferenz statt.

Gewinner des Access City Awards 2024

Sehen wir uns nun einmal die Gewinner des Access City Awards 2024 an: Den ersten Platz belegte San Cristóbal de La Laguna auf der kanarischen Insel Teneriffa. Die Stadt bemüht sich stark um die Barrierefreiheit in städtischen Räumen, Verkehrssystemen und sozialen Aktivitäten. Beispielsweise sind alle Fahrzeuge und Bahnhöfe des Straßenbahnnetzes der Stadt barrierefrei. Im Stadtzentrum wurden eine akustische Ampel und Taktile zur Führung sehbehinderter Menschen eingerichtet. Außerdem gibt es in der Stadt einen Behindertenrat und einen Ombudsmann für Menschen mit Behinderungen. Darüber hinaus wurden weitere Initiativen ins Leben gerufen, die sich für Menschen mit Handicap einsetzen. Zum Beispiel existiert seit 2021 der Orange Point, ein mobiler Raum mit Ressourcen für inklusive Veranstaltungen. Hier werden Gebärdensprachdolmetscher*innen, geschultes Personal, Lärmschutzsysteme und leicht lesbares Material zur Verfügung gestellt, damit alle Menschen an Events teilnehmen können.

 

Auf dem zweiten Platz landete dieses Jahr die Stadt Łódź (Polen) für die Umsetzung umfassender Zugänglichkeitsstandards, die fortan bei allen kommunalen Investitionen als Leitfaden dienen. Saint-Quentin (Frankreich) verbesserte die Zugänglichkeit des öffentlichen Verkehrsnetzes und erhielt dafür den dritten Platz. Die deutsche Stadt Tübingen wurde mit einer besonderen Erwähnung für die Stadtentwicklung im Einklang mit den Grundsätzen der Barrierefreiheit und dem Neuen Europäischen Bauhaus geehrt. Ebenso erhielt County South Dublin (Irland) eine besondere Erwähnung für zugängliche Landschafts- und Spielplätze.

Frühere Gewinner des Access City Awards: Die besten barrierefreie Städte Europas

Bemühungen um mehr Barrierefreiheit sind idealerweise immer langfristig ausgelegt. Entsprechend lohnt sich natürlich auch ein Blick auf die Gewinner der letzten Jahre und ihre ergriffenen Maßnahmen. Werfen wir daher einen Blick auf die Erstplatzierten der vergangenen zehn Jahre:


  • 2023 | Skellefteå (Schweden): In der Stadt sind öffentliche Räume wie Spielplätze und Straßen mit taktilen Informationstafeln und Leiteinrichtungen ausgestattet. Auch gibt es Bodenheizungen gegen Schnee und Eis. Öffentliche Busse sind barrierefrei, ein SMS-Dienst informiert Sehbehinderte über Baustellen und die Stadt bietet Schulungen für junge Menschen mit geistigen Behinderungen zu Technologien und Arbeitsmethoden an.
  • 2022 | Luxemburg (Luxemburg): Die Stadt verfolgt den Ansatz „Design für alle”. Im gesamten Stadtgebiet fahren Niederflurbusse mit Rampen. In den Fahrzeugen und an Bushaltestellen gibt es visuelle und akustische Ankündigungen. Luxemburg geht außerdem regelmäßig mit seinen Bürgerinnen und Bürgern mit Behinderungen ins Gespräch, um sicherzustellen, dass die Maßnahmen der Stadt die gewünschte Wirkung entfalten.
  • 2021 | Jönköping (Schweden): Die schwedische Stadt arbeitete für mehr Barrierefreiheit in der Altstadt und in neuen Stadtgebieten mit Behindertenorganisationen zusammen. Außerdem wurde in Jönköping ein lokaler „Access City Award“ für Unternehmen oder Organisationen geschaffen, die Barrierefreiheit verbessern.
  • 2020 | Warschau (Polen): Die Stadt ergriff umfassend gedachte Verbesserungen und wurde dadurch in kurzer Zeit deutlich barrierefreier. In die Maßnahmen wurden Menschen mit Behinderungen unmittelbar mit einbezogen, um ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.
  • 2019 | Breda (Niederlande): Die Stadt Breda zeichnet sich durch zugängliche öffentliche Plätze wie Parks oder auch Geschäfte aus. Außerdem wurde sie für ihre digitale Infrastruktur geehrt, die allen Menschen problemlosen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht.
  • 2018 | Lyon (Frankreich): In der französischen Stadt sind nicht nur alle öffentlichen Busse barrierefrei. Auch Zugang zu Kultur und Bildung ist sichergestellt. Etwa gibt es in Bibliotheken Lesemaschinen und Vergrößerungsbildschirme. Die Stadt selbst verzeichnet darüber hinaus einen hohen Anteil an Beamten mit Behinderungen.
  • 2017 | Chester (UK): Die englische Stadt erhielt die Auszeichnung, weil sie ihr historisches und kulturelles Erbe für Menschen mit Behinderungen zugänglich gemacht hat. Dabei waren neben dem öffentlichen Sektor auch Privatunternehmen an den Initiativen für die Barrierefreiheit beteiligt.
  • 2016 | Mailand (Italien): Die größte Stadt Norditaliens verfolgt das Konzept einer „Stadt für alle“. Dafür wurden in den Jahren zuvor zahlreiche Initiativen für mehr Barrierefreiheit durchgeführt. Neben konsequenten Bemühungen um Barrierefreiheit fördert Mailand auch die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen und ein unabhängiges Leben für alle.
  • 2015 | Borås (Schweden): Die schwedische Stadt hat sich schon seit den frühen 1990ern der Barrierefreiheit verschrieben. Etwa wurden die Bibliothek, das Theater, die Kunstgalerie und der Zoo der Stadt zugänglich gemacht.
  • 2014 | Göteborg (Schweden): Unter dem Motto „Eine Stadt für alle“ hat Göteborg systematisch die Struktur des öffentlichen Nahverkehrs verbessert und öffentliche Orte wie Parks oder Universitäten barrierefrei umgebaut.


Die langfristigen Effekte der durchgeführten Verbesserungen zur Barrierefreiheit in Städten auf die Lebensqualität sind vielfältig. Ein hoher Stellenwert von Barrierefreiheit in der Stadtplanung trägt zu einer besseren Teilhabe aller Bürger*innen am gesellschaftlichen Leben bei. Darüber hinaus stärkt die Implementierung von barrierefreien Lösungen das Bild der Stadt als fortschrittlich und gastfreundlich, was sie für Reisende attraktiver macht und die Tourismusindustrie ankurbelt.

Der Access City Award in Deutschland

Auch einige deutsche Städte wurden bereits mit dem Access City Award ausgezeichnet. Die Hauptstadt Berlin belegte 2013 den ersten Platz. Die Jury lobte die strategische und integrative Behindertenpolitik, darunter etwa das Verkehrssystem der Stadt. Bremerhaven bekam 2021 den zweiten Preis und wurde damit für seine qualitativ hochwertige Angebotsvielfalt im Tourismus- und Freizeitbereich ausgezeichnet, die viele unterschiedliche Zielgruppen von Menschen mit Behinderungen anspricht. Ebenfalls den zweiten Platz machte Wiesbaden 2016 aufgrund seiner vielseitigen Maßnahmen, darunter z. B. die App Wiesbaden Barrierefrei. Köln belegte 2011 den zweiten Platz. Die Jury überzeugte das starke Engagement der Stadtverwaltung und die systematische Umsetzung der Barrierefreiheit. Ebenfalls den zweiten Preis erhielt Marburg 2012, das sich bereits seit den 1980ern besonders für Menschen mit Behinderungen einsetzt und diese auch in die Maßnahmen mit einbezieht.

 

Dresden erhielt 2014 eine besondere Erwähnung für seine Informations- und Kommunikationstechnologien, etwa gibt es einen Stadtplan für Menschen mit einer Mobilitätsbehinderung. Im Jahr 2023 erhielt Hamburg eine besondere Erwähnung für seine Bemühungen um eine bessere Zugänglichkeit, durch Maßnahmen wie abgesenkte Gehwege und Rampen für Menschen im Rollstuhl.

Wichtigste Erkenntnisse und Maßnahmen

Die vorgestellten Städte, die für ihre herausragenden Bemühungen zur Verbesserung der Barrierefreiheit ausgezeichnet wurden, bieten wertvolle Lektionen für andere Städte in der EU und weltweit. Diese Gewinnerstädte zeigen, wie erfolgreich umgesetzte Strategien nicht nur die Zugänglichkeit verbessern, sondern auch die allgemeine Lebensqualität nachhaltig erhöhen können. Ein Schlüsselelement ist die aktive Beteiligung von Menschen mit Behinderungen am Planungs- und Entscheidungsprozess. Die Nutzung von Technologie zur Förderung der Barrierefreiheit ist eine weitere wichtige Erkenntnis. Städte müssen ständig aus Initiativen lernen und bereit sein, Anpassungen vorzunehmen.

Fazit: Wegbereiter für ein inklusives Europa

Die Fortschritte, die europäische Städte im Bereich der Barrierefreiheit machen, sind ein starkes Statement für gesellschaftliche Inklusion und Teilhabe. Sie tragen dazu bei, die physischen und sozialen Barrieren abzubauen, die Menschen mit Behinderungen erleben. Durch die Verbesserung der Zugänglichkeit in allen Lebensbereichen ermöglichen diese Städte allen Bürger*innen, aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Der Ausblick auf die Entwicklung der Barrierefreiheit in europäischen Städten ist vielversprechend. Mit der fortlaufenden Implementierung von Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit als Grundpfeiler der städtischen Planung wird die Inklusion weiterhin in den Fokus rücken. Auch für den Tourismus ist das von Vorteil. Die Städte zeigen sich als inklusiv, einladend und offen für Diversität. Menschen mit Behinderungen können sorgenfrei reisen und ihren Aufenthalt in einer der vielen schönen Städte Europas genießen.

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