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Fliegen mit Behinderung: Was ist zu beachten?

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Bei Flugreisen ist die Menge an Gepäck üblicherweise begrenzt, die Koffer trotzdem schwer und die Gänge im Flugzeug eng. Gerade für Menschen mit Behinderungen kann das Fliegen noch ein paar mehr Herausforderungen bereithalten, aber mit der richtigen Vorbereitung wird auch das zu einem angenehmen und stressfreien Erlebnis. Eine gründliche Planung und das Wissen um verfügbare Dienste und Rechte sind entscheidend, um den Reiseprozess zu optimieren. Wir erklären, was bei Flugreisen mit Behinderungen zu beachten ist, von der Buchung bis zur Ankunft am Zielort.

Rechtsgrundlagen und Richtlinien für Flugreisen

Grundsätzlich gilt: Fliegen für Menschen mit einer Behinderung ist bei jeder Airline möglich. In der EU gilt seit 2008 die Verordnung (EG) Nr. 1107/2006. Diese legt die Rechte von Menschen mit Behinderungen im Flugverkehr fest. Sie gilt für alle Flugreisen ab einem EU-Flughafen und auf Flügen von einem Drittstaat (z. B. USA) in die EU, wenn der Flug von einer EU-Airline durchgeführt wird. In der Verordnung ist Ihr Anspruch auf kostenlose Hilfeleistungen am Flughafen sowie an Bord festgelegt. Sie dürfen sich vom Einchecken bis zur Landung auf Unterstützung nach Ihren Bedürfnissen verlassen. Auch dürfen Sie bis zu zwei Mobilitätshilfen (z. B. Rollstuhl, Rollator) ohne Zusatzkosten mitnehmen.

 

Auch bei Flügen außerhalb der EU sind Ihre Rechte durch die Regelungen der International Air Transport Association (IATA) geschützt. Diese legt ebenfalls fest, dass Flugreisen auch mit Mobilitäts- oder anderen Einschränkungen machbar sein müssen. Wie genau das im Detail umgesetzt wird, ist jedoch Auslegungssache. Eine global einheitliche Richtlinie gibt es leider nicht.

Achtung Sonderfall: Fluggäste mit geistigen Behinderungen


Selbstverständlich dürfen auch Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen grundsätzlich mit dem Flugzeug verreisen. Oberste Priorität bei Flugreisen hat aber immer die Sicherheit aller Fluggäste. Passagier*innen mit einer geistigen Behinderung dürfen keine Gefahr für sich, andere oder das Flugzeug darstellen. Auch muss sichergestellt werden, dass die Sicherheitsanweisungen verstanden werden. Eine Begleitung durch eine Assistenzkraft ist in diesem Fall sinnvoll.

Vor der Buchung: Recherchieren und informieren

Bereits bei der Recherche nach einem geeigneten Flug können Sie erste Überlegungen treffen. Beispielsweise gibt es Fluggesellschaften, die für ihren besonders guten Umgang mit Reisenden mit Behinderungen bekannt sind und spezielle Dienstleistungen anbieten. So ist bei manchen Airlines etwa die Mitnahme einer Begleitperson kostenlos oder zumindest vergünstigt, wenn in Ihrem Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen B steht. Auch bekommen Fluggäste mit Hörbeeinträchtigung oft bevorzugt Plätze weit vorne im Flugzeug, wo sie den Sicherheitseinweisungen visuell gut folgen können. In jedem Fall sollten Sie die Airline und den Flughafen am besten schon bei der Buchung über Ihre spezifischen Anforderungen informieren. Spätestens 48 Stunden vor Abflug müssen Sie dies ohnehin tun, damit die notwendige Unterstützung geplant werden kann und am Reisetag alles problemlos abläuft. Wenn Sie Ihren Flug über ein Reisebüro oder einen Reiseveranstalter buchen, äußern Sie bereits hier Ihren Hilfebedarf - die Mitarbeitenden leiten die Informationen weiter.

 

Um den individuellen Hilfebedarf besser einschätzen zu können, gibt es im Luftverkehr international standardisierte Abkürzungen für Mobilitätsgrade:

 

  • WCHR: Fluggast kann kurze Wege gehen und auch Treppen steigen
  • WCHS: Fluggast kann kurze Wege laufen, aber nicht Treppen steigen
  • WCHC: Fluggast kann nicht selbständig laufen und nicht Treppen steigen
  • BLND: Sehbehinderter oder blinder Fluggast
  • DEAF: Gehörloser, hörgeschädigter oder taubstummer Fluggast
  • DPNA: Fluggast mit geistiger Behinderung oder Beeinträchtigung der Lernfähigkeit

Vorbereitung auf den Flug: An alles gedacht?

Vorbereitung ist auch bei Flugreisen die halbe Miete. Stellen Sie sicher, dass Sie alle notwendigen ärztlichen Atteste und Bescheinigungen dabei haben, die Ihre Bedürfnisse während des Fluges bestätigen. Auch andere wichtige Dokumente und medizinische Informationen sollten Sie während der Reise immer bei sich führen. Wie sich bestens auf eine Flugreise vorbereiten und ihren Koffer packen, können Sie übrigens hier im Detail nachlesen: 

Checkliste für die Reisevorbereitung

Informieren Sie sich außerdem frühzeitig über die Bestimmungen Ihrer Fluggesellschaft bezüglich der Mitnahme von Rollstühlen, Gehhilfen und anderen Hilfsmitteln. Für Menschen mit Sehbehinderungen ist es darüber hinaus oft möglich, Blindenhunde mit ins Flugzeug zu nehmen. Wie immer gilt aber, dass Sie diese Wünsche und Anforderungen rechtzeitig kommunizieren sollten.

 

Um Sicherheit und Komfort während des Fluges zu gewährleisten, sollten Sie noch ein paar weitere Überlegungen treffen. Fragen Sie etwa nach Sitzplätzen mit zusätzlichem Platz oder in der Nähe der Toiletten, falls erforderlich. Auch kann es sehr hilfreich sein, wenn Sie sich einen Plan für Ihre Medikamenteneinnahme und die Nahrungs- sowie Flüssigkeitsaufnahme an Bord zurechtlegen.

Assistenzdienste am Flughafen und an Bord

Die Serviceangebote für Menschen mit Behinderungen beginnen bereits bei der Ankunft am Flughafen. Mit dem europäischen Behindertenparkausweis dürfen Sie an Flughäfen etwa kostenlos parken. Sehen wir uns ein paar weitere Assistenzdienste am Flughafen und an Bord an:

 

  • Unterstützung für Fluggäste im Rollstuhl: Wenn Sie nicht mit Ihrem eigenen Rollstuhl anreisen oder diesen als Gepäck aufgeben, können Sie einen Rollstuhl am Flughafen leihen (nach vorheriger Anmeldung des Bedarfs). Eine Begleitperson der Airline wird Ihnen den Rollstuhl bringen und Sie bis zum Abflug begleiten. Nach Absprache können auch Angehörige diese Aufgabe übernehmen. Für den Check-in können Sie in der Regel einen barrierefreien Schalter nutzen. Natürlich erhalten Sie auch Hilfe bei der Gepäckaufgabe und bei der Sicherheitskontrolle. Meistens dürfen Menschen im Rollstuhl auch als Erste ins Flugzeug und ihren Platz einnehmen.
  • Unterstützung für Menschen mit Seh- oder Hörbehinderung: Je nach Fluggesellschaft werden Sie bereits bei Ankunft am Flughafen von einem Begleitservice abgeholt und bis zu Ihrem Platz im Flugzeug begleitet. Dabei haben Sie Priorität beim Boarding und dürfen vor allen anderen Fluggästen einsteigen. Wer eine Seh- oder Hörbehinderung hat, bekommt vom Bordpersonal eine eigene Sicherheitseinweisung im Flugzeug. Für sehbehinderte Menschen gibt es zudem die Möglichkeit, sich die Optionen für die Verpflegung vorlesen sowie die Anordnung des Essens auf dem Tablett erklären zu lassen. Menschen mit einer Hörbehinderung können darum bitten, bei Turbulenzen oder anderen wichtigen Informationen direkt angesprochen zu werden.


Welche Services in genau Ihrem Fall zutreffen, besprechen Sie am besten frühzeitig mit der zuständigen Airline und dem Flughafen. Seien Sie sich dabei aber immer bewusst, dass keine Rundumbetreuung geboten wird. Das Personal unterstützt etwa nicht beim Toilettengang oder bei der Nahrungsaufnahme. Wenn hier Unterstützungsbedarf besteht, sollte eine Begleitperson Hilfe leisten.

Nach dem Flug

Nach der Ankunft sollten Sie sicherstellen, dass Ihr Gepäck und alle Hilfsmittel ordnungsgemäß gehandhabt und transportiert wurden. Sollten Probleme auftreten oder die Dienstleistungen nicht den Erwartungen entsprechen, notieren Sie die Vorfälle und kontaktieren Sie die Fluggesellschaft. Sollten Sie in seltenen Fällen keine Antwort erhalten, können Sie sich an entsprechende Behörden, etwa die Antidiskriminierungsstelle des Bundes, wenden.

Fazit: Nehmen Sie Unterstützung beim Fliegen wahr

Die gründliche Vorbereitung und Kenntnis Ihrer Rechte können maßgeblich dazu beitragen, dass Ihre Flugreise so angenehm wie möglich verläuft. Kümmern Sie sich rechtzeitig um alle Vorbereitungen, nutzen Sie die angebotenen Dienstleistungen und lassen Sie sich nicht davon abhalten, die Welt zu erkunden. Mit der richtigen Einstellung und Vorbereitung können auch Reisende mit Behinderungen spannende und bereichernde Reiseerfahrungen sammeln.

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